Kurz umdrehen, gucken, lernen – und weiter!

Retrospektiven kurz & gut

Cover

Was heißt eigentlich „Retrospektive“? Rückschau, erweitert um einen in die Zukunft gerichteten Impuls.

Und in der Softwareentwicklung? In Projekten? Die Retrospektive kann Projektteams in der kontinuierlichen Anpassung ihrer Arbeit und beim Verbessern ihres Vorgehens unterstützen. Kern der Retrospektive ist hier, Erfahrungen früh und immer wieder zu reflektieren, um daraus konkrete Verbesserungsmaßnahmen für die nächste Phase abzuleiten. Agile Vorgehensmodelle kommen ohne Retrospektive nicht aus. Auch im klassischen Kontext können sie laufenden Projekten nützen – statt wie üblich erst am Ende auf Lessons Learned zu gucken.

Im Fokus des Buchs stehen Planung und Durchführung eigener Retrospektiven. Es beginnt mit einem beispielhaften Ablauf, gibt dann tiefere Einblicke in die Phasen, um dann ausgiebig die Vorbereitung zu beschreiben. Recht viele Seiten, und doch gut zu lesen. Mit weiteren Rezepten schließt das Buch ab. Die Rezepte haben eigens Spickzettel für alle, die sowas selbst durchführen, und das sehr mundgerecht.

Das Kapitel zum Facilitieren liefert wertvolle Tipps. Damit kann man selbst Hochleistungsteams noch zu Verbesserungen verhelfen. Und der kurze Exkurs zu „Theorie X und Theorie Y“ ist sehr gelungen. Außerdem gibt es nicht nur Handwerkszeug wie Timeboxing oder Materialempfehlungen, sondern auch psychologische Hinweise – z. B. warum es ratsam ist, dass man jede bzw. jeden aus der Gruppe möglichst früh etwas sagen lässt.

Mein Lieblingskapitel ist das zu Praktiken. Sehr gut erläutert, anschauliche Beispiele, hier spricht die Erfahrung. Die Tipps sind für Neulinge geeignet, bieten aber auch neue Herangehensweisen für Moderationsprofis. Der Autor empfiehlt, wie man Techniker an das Einbeziehen emotionaler Aspekte heranführt (Technikerinnen sind ja meist eh schon offener). Nicht nur gaaaanz vorsichtig, sondern so, dass die Akzeptanz dafür sich nach und nach aufbauen kann.

Was ist nicht so gut? Manchmal ist das Wording sperrig, z. B. wenn die Wurzel des Problems als „Schlamassel“ als unten im Teichschlamm sitzend dargestellt ist, darüber die Stengel, an der Wasseroberfläche die Seerosenblätter. Gute Metapher für Symptom und Ursache, aber sicher nicht jedes Gegenüber fühlt sich mit so einer Wortwahl ernst genommen. Etwas genervt war ich bei den Wiederholungen der beiden zentralen Regeln. Die Regeln sind gut, keine Frage (kurz: einerseits Diskretion über Workshopgespräche und andererseits die Annahme, dass alle ihr Bestes geben). Doch mehr als dreimal den gesamten Wortlaut niederschreiben, ist einfach nicht notwendig. Immerhin: Praktisch ist das für alle, die das Buch als Nachschlagewerk benutzen. Nun ja, ein Verweis hätte es auch getan. Vor allem, weil es, wie gesagt, eh schon viel Text gibt.

Fazit: Umfassend und praktikabel

Themen

  • Definition
  • Ziel und Zweck
  • Kontinuierliche Verbesserung
  • Schnelleinstieg Keep-Drop-Try-Retrospektive
  • 5 Phasen der Retrospektive
  • Was macht ein Facilitator
  • Werte und Haltung
  • Lösungsorientierung
  • Methoden
  • Facilitieren
  • Fearless Journey
  • Perfection Game
  • Fragetechniken
  • Grundvoraussetzungen
  • Materialempfehlungen, z. B. besondere Haftzettel

Website zum Buch (u.a. Downloads): http://retrospektiven-kurzundgut.de

Rolf Dräther: „Retrospektiven kurz & gut“. O’Reilly2014. 14,90 EUR. ISBN 78-3-95561-800-1.

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