Agile Neulinge, Profis, Teams in „Arbeitsfragen“ begleiten

Agiles Coaching

CoverAls Stellenbeschreibung gibt es neuerdings auch den Begriff „agiler Coach“. Aber was ist das eigentlich? Was tut man als agile Coach und was sollte man vermeiden?

Das Ziel ist klar: Agiles Coaching soll ein Team in die Lage versetzen, sein eigenes System zu erkennen und zu verstehen und so gute Lösungen entwickeln zu lernen. Das beinhaltet insbesondere auch die Verbesserung der Zusammenarbeit und der im Team verwendeten (Arbeits-)Methoden.

Agiles Coaching verpflichtet sich einer empathischen, dabei durchaus distanzierten und dissoziierten Haltung sowie den agilen Werten. Dem Team werden Handlungs- und Möglichkeitsräume geöffnet. Dies ermöglicht die bzw. der Coach mit der Kenntnis psychologischer Modelle und agiler Prinzipien. Das Buch stellt Grundlagen des Coachings zusammen mit einer systemischen Perspektive in den Mittelpunkt. Dabei führt die Autorin den Begriff der Sekundärberatung ein (so eine Art Hilfe zum Selbstdenken statt Vorschlagen von Lösungswegen – Coaching eben). Die Empfehlung, Beobachtung und Bewertung im Coachingprozess strikt trennen zu können, zeugt von der praktischen Erfahrung der Autorin. Dieses Prinzip wird hier am Beispiel gut klar.

Gut gefallen hat mir diese (für mich neue) Feedbackregel: Die Coach oder ein Teammitglied oder ein Stakeholder gibt Feedback. Der oder die Feedbacknehmende erwidert nichts darauf, sondern nimmt das Feedback entgegen. Soweit die bewährte Vorgehensweise. Hier ist dann der Dreh für die mit Hummeln im Hintern: Eine Erwiderung auf das Feedback ist erlaubt, allerdings erst nach 24 Stunden. So wird eine Rechtfertigung im Affekt vermieden. Und drüber schlafen schadet ja bekanntlich nicht ;-)

Okay… kommen wir zur dunklen Seite der Rezension…

Beim Lesen bin ich immer wieder über den Schreibstil gestolpert, der mich so gar nicht gepackt hat. Für meinen Geschmack kommen hier Definitionen, abstrakte Einordnung in den Gesamtkontext und eine orientierunggebende Struktur  zu kurz. So taucht schnell der Bezug zu agilen Reifegraden auf. Und dann bin ich auf die Suche gegangen… was ist das? Der Index am Ende hat meine Suche schließlich zum Ergebnis geführt, ich musste allerdings viele Seite lesen, es gab keine optische Hervorhebung (z. B. Fettdruck oder Überschrift „Definition“ oder farbliche Hervorhebung). Anstrengend. Darüber hinaus wurde mir nicht ganz klar, welche Vorkenntnisse die Leserin bzw. der Leser mitbringen sollte, um das Buch zu verstehen.

Die Grafiken sind zwar nett, aber auch oft erst auf den zweiten Blick verständlich (manchmal auch gar nicht, zumindest mir ging es so). Schade, denn die Autorin ist offensichtlich sattelfest in den Methoden.

Auch die optische Gestaltung des Texts ist nicht konsistent. Es gibt grau unterlegte Textabschnitte, hier sind Beispielsituationen beschrieben, oft mit Dialogen anschaulich formuliert. Gut. Und dann: Geht es in normalen Textabschnitten (schwarz auf weiß) weiter mit der Situation oder dem Beispiel. Hier versteckt sich dann eine Lösungsmöglichkeit. Hm..?!?

Idee für die nächste Auflage: Überarbeiten, d. h. kürzen, ordnen, Definitionen übersichtlich darstellen. Dann wirken auch Verweise auf kommende Kapitel besser und unterbrechen den Lesefluss weniger. Außerdem könnte man am Schreibstil feilen. Beispiel gefällig? „Coachees“ ist zwar der fachlich korrekte Ausdruck, stattdessen „Team“ oder „Teammitglied“ zu schreiben, wäre lesefreundlicher (und das ganz ohne Gefahr, missverstanden zu werden).

Wer sich ein Bild von der Expertise und Erfahrung der Autorin machen möchte, kann das auf ihrem Blog tun: judithandresen.com/blog

Fazit: Gutes Methodenwissen, verpackt in manchmal schwierig zu lesende Texte

Themen

  • Digital transformieren
  • Unternehmen entwickeln
  • Hypothesen entwickeln, Impulse und Interventionen
  • Agile Reifegrade
  • PDCA-Zyklus
  • Gemba
  • Formale Beauftragung und Globalbeauftragung
  • SCARF
  • Paradigmen und Projektionen
  • Motivation und Vertrauen
  • Situatives führen
  • Riemann-Thomann-Modell
  • Managementformen
  • Schulz-von-Thun
  • Agile Methoden: Delegationspoker, Kudokarten, Katas, Pair etc.
  • Nemawashi
  • Retrospektiven
  • Coachingleistung überprüfen
  • Feedback-Übungen
  • Mission und Constraints
  • Cynefin
  • Stolperfallen vermeiden
  • Auftragsklärung

Judith Andresen: „Agiles Coaching: Die neue Art, Teams zum Erfolg zu führen“. Hanser 2018. 32,- EUR. ISBN 978-3-446-45168-1.

Augen-Logo Maria

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert