Stopptaste und ab zum See

25 letzte Sommer

CoverZwei Männer treffen zufällig in aller Frühe eines Sonntagmorgens am See aufeinander. Die beiden leben sehr unterschiedliche Leben. Der Erzähler führt ein gehetztes Leben, das er als endlose Todo-Liste empfindet. Er verbringt die meiste Zeit in Konferenzräumen, am Laptop und am Telefon.

Karl dagegen sortiert Tag für Tag Kartoffeln und denkt ganz anders über die Welt und das Leben. Karl  konfrontiert den neuen Freund an seinem Küchentisch mit den großen Fragen des Lebens:

  • Warum verbringen wir so viel Zeit mit unserer Arbeit anstatt mit Menschen und Dingen, die uns wirklich wichtig sind?
  • Woher nehmen wir den Mut, unsere eigenen Träume zu verwirklichen?
  • Warum beginnt das richtige Leben oft erst, wenn wir erkennen, dass wir nur eines haben?

Im Buch kann man sich leicht wiedererkennen, sich selbst und Menschen, die man kennt: Das immerwährende Streben nach Anerkennung, das Glück und der Stolz, etwas erreicht zu haben, das ewige Arbeiten für Wohlstand und Status – und gleichermaßen diese Sorge, mal lauter, mal leiser, aber immer da, so sehr im Strudel des Lebens gefangen zu sein, dass das wahrhaftige Leben an einem vorbeizieht.

Die Geschichte nähert sich diesem Thema auf eine feine, kluge Weise. Nicht mit dem Anspruch, alle Fragen zu beantworten, aber wohl dem, sie genauer anzusehen und neu zu betrachten.

Wie stets war der Erzähler zum Laufen aufgebrochen. Auch, um seinen ständig kreisenden Gedanken zu entkommen. In seinem Kopf taucht dabei die Erinnerung auf, wie er als kleiner Junge Trost gefunden hat in der Klarheit und Tiefe des Wassers. Einfach abtauchen. Kurzentschlossen biegt er zum See ab – und trifft dort auf Karl, der hier regelmäßig schwimmt. Die beiden kommen ins Gespräch über das Leben, und sie hören das ganze Wochenende nicht damit auf. Sie reden und reden, über das dauernde Streben, in allem genug sein zu wollen, sein zu müssen, und über die gleichzeitig so große Sehnsucht nach einem Leben in Balance. Nach innerer Ruhe.

Aquarell einer Wiese mit Büschen, ein Rad lehnt am Rande eines schmalen PfadesSie teilen ihre Lebensgeschichten miteinander, und wir folgen diesen zwei besonderen Menschen an den Küchentisch bei Kaffee und Kuchen, auf Karls Kartoffelacker, in seine kleine Bibliothek, in den Garten und den Wald. In eine Geschichte, die sich wie ein Trostpflaster auf die gestresste Seele legt.

Im Laufe des Gesprächs wird klar: Es bleiben noch ungefähr 25 Sommer für dieses Leben. Oh. Gar nicht mal so viel.

Zum Hintergrund

Der Kartoffelbauer Karl hat ein Vorbild im wahren Leben. Er malt Aquarelle. Das finde ich sehr schön, es macht das Buch für mich noch ein bisschen besser.

Ein bisschen erinnert das Buch an „Das Café am Rande der Welt“ und andere Bücher von John Strelecky; dies hier gefällt mir persönlich besser, scheint mir lebensnäher.

Aquarell: Eine offene Wiesenlandschaft mit Busch oder Hecke, im Hintergrund ein kleiner Wald

Fazit: Ein Sonntag, wie er sehnsüchtiger kaum sein kann.

Themen

  • Sehnsucht nach Leben in Gleichgewicht
  • Das Zuviel und das Zuwenig im Leben
  • Streben nach… Verschiedenem und Widersprüchlichem
  • Freundschaft
  • Auf Karls Kartoffelacker
  • In Karls kleiner Bibliothek
  • Im Garten
  • Im Wald

Stephan Schäfer: „25 Sommer letzte Sommer“. park x ullstein 2024. 22,- EUR (D) / 22,70 EUR (A). ISBN 978-3-98816-009-6.

Augen-Logo Maria

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert