2 Kilo Informationstechnologie zu managen

Handbuch IT-Management

CoverGut 1000 (kein Tippfehler, tausend) Seiten dick, rund 2 kg schwer, nix zum locker wegschmökern! Die Kurzvorstellung der Autor:innen hilft für eine Einschätzung, was vom Nachschlagewerk man für die eigene Arbeit lesen möchte. (Immerhin sind unter den vielen männlichen Autoren dann doch immerhin 4 Frauen vertreten.)

Nun zum Inhalt. Erwartungsgemäß ist die Bandbreite groß.

Jedes Kapitel startet mit einer Frageliste, was im Text beantwortet wird. Schön, das gibt Orientierung.

Kapitel

Für einen Eindruck picke ich mal vier Kapitel raus. Das Kapitel zum Anforderungsmanagement ist sehr groß gedacht (mein Eindruck: SW-Konzerne). Alt bewährte Methoden stehen hier im Vordergrund. Irgendwo weiter hinten dann ein Abschnitt zum „Anforderungsmanagement in agilen Entwicklungsumgebungen“ mit Bezug zu Scrum. Nicht mal 1 Seite dazu, gegenüber 28 Seiten zu aus meiner Sicht „klassischem“ Anforderungsmanagement. Mit Sätzen wie „… Anforderungen vollständig aufnehmen und strukturieren“ – vollständig, das ist so eine Sache… Da gibt es noch 7 Grundsätze für ein qualitativ abgesichertes Anforderungsmanagement. Soweit OK, nur müssen da überall ! stehen…? Wirkt auf mich wie aus einer vergangenen Zeit.

Im Kapitel zu „Cloud Computing“ gibt es einen Cloud-Strategie-Abschnitt, der mir ganz gut gefällt. Leider auch hier: Abkürzungen, die ich nachschlagen gehe, weil ich sie dort, wo ich sie lese, nicht erklärt finde („FinOps ist ein Kunstwort aus Finanzwirtschaft und DevOps, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, dass IT, Rechnungswesen und Geschäftsteams zusammenarbeiten“ Quelle ibm.com). Da bin ich auch bei Handbüchern aus Papier mittlerweile mehr Service gewohnt. Dafür finde ich hier direkt ein Diagramm, das mir das Verständnis erleichtert – die richtige Grafik an der richtigen Stelle (Thema „Spannungsfeld rund um die Cloud-Strategie“ mit Cloud-Strategie, Agilität und Kostenoptimierung).

Im Kapitel „Management der Digitalisierung“ stoße ich in einem Diagramm auf für mich nicht verständliche Abkürzungen – DAO, RPO. Und finde nicht die „Auflösung“. Und nein – ich habe nicht das ganze Kapitel gelesen, sondern rund um das Diagramm danach gesucht.

Im Kapitel zu digitalen Arbeitsplätzen finde ich einen kleinen Überblick über Kollaborationstools, Basics & Kreatives (wie MindMap). Auch die Herausforderung IT-Sicherheit kommt hier vor (leider im Layout nicht sonderlich hervorgehoben – mein Tipp für die nächste Auflage: Mehr Zwischenüberschriften oder Marginalien.

„Drumherum“

Durch passende Literaturhinweise unterfüttert (für mich habe ich da auch eher den Eindruck von mehr Theorie als Praxis bzw. „Konzernwirklichkeit“). Eine Menge Diagramme sind für meinen Geschmack auch eher schematisch als erhellend. Andere sind besser, manche davon könnten jedoch im Layout genauso gut in Tabellenform dargestellt sein. Hier ist noch Luft nach oben. Dafür mit umfangreichem Stichwortverzeichnis.

Kategorien?

Inhaltsseite - Zitat: 'Praxistipp: Viele Unternehmen verändern jetzt gerade ihre Arbeitsweisen und Tool-Landschaften, um gemeinsam besser zu arbeiten. Dabei krempeln sie ihre Unternehmenskultur komplett um: Führung muss neu gedacht werden, Kompetenzen werden wichtiger als Wissen und Agilität bestimmt die Arbeitsabläufe und Kooperationen.'

Der Stil variiert je nach Autor:in, jedoch ist der Eindruck eher textlastig, aufgelockert durch Tabellen und Diagramme. Dazu Textboxen („Praxistipp“ / „Merke“ / „Fazit“ / „Das Wichtigste – zusammengefasst“ / …), bei denen ich nicht verstanden habe, wie ihre innere Logik ist. Wirkt auf mich etwas wuselig. Weniger Kategorien oder eine optische Unterscheidung je Kategorie hätten mir den Überblick erleichtert.

Für IT-Manager:innen alter Schule mag das Nachschlagewerk gut taugen, um für die Praxis gerüstet zu sein. Oder für Konzerne? Es bietet ihnen umfassendes Material zu vielen wichtigen Handlungsfeldern der IT sowie Unterstützung für die erfolgreiche Nutzung bewährter Methoden und Instrumente.

Diese Auflage wurde aktualisiert und durch Managementthemen wie IT-Sourcing, IT-Relationship-Management oder Digitale Transformation erweitert. Mein Eindruck ist, dass man das Buch nochmal ganz neu konzipieren sollte, um derzeitige und künftige Praxis besser abzudecken.

Fazit: Nachschlagewerk für bewährte Methoden und Handlungsfelder, hier und da bisschen … zäh.

Themen

  • Strategisches IT-Management
  • Digitalisierung managen
  • Enterprise Architecture Management
  • Daten- und Informationsmanagement
  • Geschäftsprozessorientierte Softwaresysteme
  • Cloud Computing
  • IT-Sourcing
  • IT-Anforderungsmanagement
  • IT-System- und IT-Servicemanagement
  • Digital Workplace Management
  • IT-Organisation
  • Personalmanagement im IT-Bereich
  • IT-Controlling
  • Lizenzmanagement in der IT
  • Enterprise IT-Governance
  • Information Security Management
  • IT-Compliance
  • Partnermanagement in der IT
  • Enterprise IT-Projektmanagement
  • Digitale Transformation

Ernst Tiemeyer: „Handbuch IT-Management. Konzepte, Methoden, Lösungen und Arbeitshilfen für die Praxis“. Hanser 2023. 69,99 EUR. ISBN 978-3-446-47372-0.

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Zwischenmenschlich fragen und Persönlichkeit entwickeln

Fragen können wie Küsse schmecken

CoverIm Vorwort verspricht die Autorin, mir als Leserin „Feenkraft für alle Experimente, die Sie wagen, …“ zu schicken. Dann motiviert sie mich noch: „Zaubern Sie! Gestalten Sie! Erfinden Sie!“ Na, dann sehen wir mal…

Die Fragen sind nicht auf den beruflichen Kontext konzipiert, trotzdem kann man vom Handwerkszeug für Beratung, Coaching und Therapie etwas über den Umgang mit Menschen lernen. Und manche der vorgestellten Fragen und Gedanken helfen auch in schwierigen Projekten über Hindernisse hinweg. Gerade die Aspekte Paar/Familie kann man teils sehr gut auf Teams übertragen. Gerade auf langjährig gewachsene Teams (die sind ja so eine Art Familie…). Fein.

Das Buch deckt alle Phasen des Fragens ab – vom beziehungsherstellenden Einstieg bis zum Abschluss eines Gesprächs. Gut gestellte Fragen wecken die Neugier der Befragten, erhalten ihre Aufmerksamkeit und ebnen den Weg, Ressourcen zu erschließen. Mit den richtigen Fragen können Interviewer:innen nicht nur Informationen zutage fördern: Sie können den Befragten auch eine neue Sicht geben und dadurch ihre Sichtweise verändern und Prozesse in Gang setzen.

Beim Thema Wertschätzung steht das Gegenüber natürlich im Mittelpunkt. Den Personen mit Interesse zu begegnen und sie als Very Important Person zu sehen, das öffnet Möglichkeiten und ermöglicht eine konstruktive (Arbeits-)beziehung. Wenn man das schafft, das Gegenüber als „Important Person“ zu sehen statt als gescheiterte Existenz oder Blödmann oder …, dann ist man oft der Lösung schon einen großen Schritt näher gekommen. Stichwort: Eigene Persönlichkeit entwickeln. Denn das können diese Fragen auch bewirken.

Im (therapeutischen oder Coaching-) Vordergrund steht, wie man durch ressourcenorientiertes Fragen Blockaden auflösen, Probleme umdeuten und Zukunft gestalten kann. Praxisbeispiele machen die Fragen, die manchmal schon etwas aus dem Kontext genommen sind, anschaulicher. Hier kann ich lernen, neugierig auf Menschen zu sein. Auch wenn ich die meisten Fragen so gar nicht in meiner Arbeitspraxis anwenden werde.

Fazit: Hintergrundwissen und tief gehende Grundlagen für zwischenmenschliche Beziehungen und Persönlichkeitsentwicklung

Themen

  • Klientenorientierung
  • Lösungsorientierung
  • Wachstums- und Reifeprozesse
  • Persönlichkeitsentwicklung
  • Zukunftsplanung
  • Herausforderung durch Veränderungen
  • Handlungsmuster
  • Zusammenspiel in Gemeinschaft(en)
  • Vielfältige Lebensbezüge: Einzelpersonen, Paare, Familien
  • Mehr als 1000 Beispielfragen

Carmen Beilfuß: „Fragen können wie Küsse schmecken. Systemische Fragetechniken für Anfänger und Fortgeschrittene“. 11. Auflage Carl Auer Verlag 2022. 21,95 EUR. ISBN 978-3-89670-624-9.

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Faszination extremer Natur

Himmel und Hölle

Das Vorwort ist von Meteorologe Sven Plöger und das Buch dann wie erwartet entsprechend fundiert.
Cover Das Buch selbst ist voller groß(artig)er Bilder, kombiniert mit kurzen, dabei kundigen Texten. Zuerst fällt natürlich die faszinierende Naturfotografie auf: Wetterphänomene und Naturextreme in gewaltiger Schönheit. Foto aus dem BuchWirbelnde Tornados, urgewaltige Feuerberge, zuckende Blitze, eisige Winde und tödliche Wüstenregionen – zwei befreundete Fotografen zieht es dorthin, wo sich die Natur extrem zeigt. Sie nehmen uns mit zu Orten dieser Erde, die nur wenige Menschen selbst erleben, und bebildern u. a. die „Ästhetik der Unwetter“. Im Bildband zeigen sie die zerstörerische Kraft, aber auch die atemberaubende Schönheit der Naturgewalt unseres Planeten. Blicke an den Himmel und bis ins Herz der Erde.

Zwischen Feuer, Wolkenbrüchen, Dürren und Stürmen reist die Leserin in die „Tornado Alley“ im Westen der USA, an den „Eingang zur Hölle“ in Turkmenistan oder auch an den lebensfeindlichsten „Ort ohne Wiederkehr“ in der Danakil Wüste in Äthiopien. Der alles verschlingende Sandsturm im „Tal des Todes“ liegt genauso auf der Reiseroute wie weitere Orte weltweit. Auch hier bei uns, in Deutschland.

Die höllisch und zerstörerisch erscheinenden Naturgewalten weisen bei genauer Betrachtung doch auch erstaunlich viele schöne und lebensbringende Aspekte auf. Feuer, Wolkenbrüche, Dürren oder Stürme sind uralte und notwendige Phänomene im Kreislauf der Natur.

Foto aus dem BuchFoto aus dem BuchMit wenig Text, dafür packendem Erzählstil berichten die beiden Autoren von ihren spektakulären Trips. Auch davon, wie sie selbst das eine oder andere Mal an ihre Grenzen kommen. Wie hier auf dem Bild in Japan (Aso-san, Kyūshū) am Rand eines aktiven Vulkans. Der kurze Abschnitt zum Making-Of ist prägnant und auf den Punkt.
Der Text ist lebendigt, atmosphärisch dicht, dabei schlicht und eingängig. Er liefert die Fakten zu den Landschaften (etwa zum Death Valley, Foto s.u.): „In vielen Wüsten der Erde herrscht tagsüber eine extreme Hitze. Nicht selten werden Werte von deutlich über vierzig Grad gemessen. Allerdings kann es nachts empfindlich kalt werden. Je nach Region liegen die Tiefstwerte bis zu dreißig Grad niedriger als am Tag. Im Winter sind sogar strenge Fröste von unter minus zehn Grad nicht ungewöhnlich. Die höchste auf der Erde gemessene Temperatur wurde von 56,7 Grad hier im Death Valley erfasst.“

Das ganze Buch ist in wertiger Ausfertigung als Geschenk geeignet. Mir gefällt besonders, dass die Bilder matt und nicht hochglänzend sind: Die Motive sind von sich aus so eindrucksvoll, dass sie kein Bling-bling brauchen. Und noch zwei Ausdrücke für meine Liste neu gelernter Wörter: Tephra und effusive Ausbrüche. Ha!

Fazit: Mein Lieblingsfoto? Vulkanisches Gewitter… davon hatte ich noch nie was gehört, geschweige denn, es gesehen. Atemberaubend! Ästhetisch! Aufregend!

Foto aus dem BuchThemen

  • Luft und Stein
  • Wasser und Eis
  • Feuer am Himmel und in der Erde
  • Stürme und Gewitter
  • Lava und Vulkane
  • Hitze und Frost in den Weltwüsten

Dennis Oswald und Adrian Rohnfelder: „Himmel und Hölle. Die Faszination extremer Naturereignisse“. Knebebeck 2022. 36,- EUR (D) / 37,10&nbps;EUR (A). ISBN 978-3-95728-714-4.

www.dennisoswald.de

https://rohnfelder.de

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Wörter suchen, finden, sammeln

Wömmeln

Foto des KartonsWort-Gitterrätsel trifft auf das Handyspiel „Snake“.

In diesem kurzweiligen Spiel für bis zu 8 Personen geht es in 10 (Spielmodus „Standard“) bzw. 7 (Spielmodus „Intensiv“) Runden darum, möglichst lange Worte zu finden, um viele Punkte zu kassieren. Doch aufgepasst! Wer zu Beginn zu großzügig mit dem Platz umgeht, hat in den letzten Runden wenig Spielraum, um überhaupt noch Punkte zu bekommen.

Die 32 Kategorienkarten legen zu Beginn jeder Runde fest, zu welchem Thema ein Wort gefunden werden muss, z. B. „etwas Gelbes“ oder „etwas, was man nur einmal benutzen kann“. Das Spiel beinhaltet 100 beidseitig bedruckte Wort-Gitterrätsel für beide Spielmodi sowie eine Anleitung. Zum Spielen werden noch Stifte – am besten Bleistifte und Radiergummi – und ein Timer benötigt.

Nach dem Lesen der kurzen Anleitung kann man loslegen – die Spielregeln sind relativ einfach und lassen sich den Mitspieler:innen gut erklären. Das Spiel ist kurz (ca. 20 min), für ausgefuchste Spielgruppen aber zu simpel. Nach dem Durchspielen einer 10er Runde hatte meine strategisch ausgeprägte Probespielgruppe keine Lust auf eine weitere Runde. Bei gemischten Gruppen, z. B. Enkelin und Großeltern, kann das durchaus anders sein.
Eine beiliegende Sanduhr hätte dem Spiel gut getan. Wir mussten mit einer fummeligen Armbanduhr arbeiten, das hat den Spielspaß etwas eingetrübt.

Fazit: Spiel für Zwischendurch

„Wömmeln“ ab 10 Jahre. 1 bis 8 Spieler:innen. Kosmos 2023. 14,99 EUR. EAN 4002051682491

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Von der Erde durch den Raum bis zu Grenze der Zeit

In 74 Fragen durch das Universum

Cover Das Buch nimmt mich mit auf eine Erkundungsreise durch Raum und Zeit. Eine Reise durch den Weltraum, die von der Erde über die Sterne und Galaxien bis zum Urknall zurückführt.

Die Autorin stellt dafür 74 kluge Fragen und liefert gleich auf jeweils 2 bis 4 Seiten die Antworten. Darüber hinaus gibt es 10 Gedankenexperimente (z. B. „Was würde passieren, wenn wir die Sonne in zwei Hälften teilen?“): Kosmische Rätsel und überall eindrucksvolle Illustrationen, ein sehr anschauliches Sachbuch. Die Fotos sind faszinierend und brillant, die Grafiken sind wirklich überaus schön: Erläuternd und gleichzeitig optisch ansprechend. So eine hohe Qualität der Illustration ist mir selten begegnet.

Meteore, Polarlichter, Jupiters Streifen und Plutos Berge, Rote, Braune und Weiße Zwerge, Schwarze Löcher, Pulsare, das Sterben von Sternen, die Fülle von Galaxien usw. usf. Ein Stichwortverzeichnis erleichtert mir das gezielte Nachschlagen, danke dafür!

Die Texte sind gut durchdacht: Kurz, prägnant, leicht verständlich. Die Übersetzung aus dem Englischen habe ich hier und da durchschimmern sehen, eher charmant als störend.

Schönes Add-On für mich selbst: Das Buch hat mir mal wieder neue Fachbegriffe mitgebracht, super! Bisher ahnte ich gar nicht, dass es sowas wie Szintillation, Seeing u. a. gibt ;-)

Jillian Scudder ist Astrophysikerin und Assistenzprofessorin für Physik am Oberlin College in Ohio. Ihre Leidenschaft gilt der Wissenschaftskommunikation. Sie betreibt den Blog Astroquizzical, in dem sie Fragen zum Weltraum beantwortet.

Fazit: Fein, guckt Euch das an! Für sich selbst oder als 1a-Geschenkidee. Mit der besten Illustrierung, die sich seit langer Zeit gesehen habe. Für Laien leicht verständlich.

Themen

  • Welche Farbe hat das Universum?
  • Drehen sich alle Planeten auf die gleiche Weise?
  • Was können wir auf der Erde vom Universum sehen?
  • Wenn die Menschen große Raumschiffe für den Orbit um die Erde bauen würden, würden wir sie tagsüber sehen?
  • Kann man ein Foto machen von der prähistorischen Erde?
  • Was könnte dazu führen, dass der Mond am Himmel seine Größe ändert?
  • Was würde passieren, wenn es eine Tür gäbe, durch die man auf die Mondoberfläche treten könnte?
  • Sonderzustellung: Enthält Lebewesen
  • Was verursacht Jupiters Streifen?
  • Was wissen wir über Pluto?
  • Wie können wir nach Leben auf anderen Planeten suchen, wenn wir in der Zeit zurückblicken?
  • Was ist die Strahlungszone?
  • Auf welche Weise unterscheiden sich Sterne?
  • Wie sterben Sterne?
  • Was ist Zeitdilatation?
  • Was wird aus der Milchstraße?
  • Wie dehnt sich das Universum aus?
  • Welche Adresse hat die Erde im Universum?
  • usw. usf.

 

Blog der Autorin: Astroquizzical

Jillian Scudder: „In 74 Fragen durch das Universum. Warum Sterne funkeln und wo wir nach außerirdischem Leben suchen sollten“. Haupt Verlag 2023. 29,90 EUR (D) / 30,80 EUR (A) / 32,- CHF (CH). ISBN 978-3-258-08305-6.

Out of context: „Um lange Transportwege zu vermeiden, hätten wir dieses Buch gern in Europa gedruckt [geduckt ist es in China, Anm. der Redaktion]. Bei Lizenzausgaben wie diesem Buch entscheidet jedoch der Originalverlag [MIT Press, USA] über den Druckort. Der Haupt Verlag kompensiert mit einem freiwilligen Beitrag zum Klimaschutz….“ Aha. Wieder was gelernt…

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Erfahrungen verstehen und gestalten

User Experience Design

Cover Der Begriff UX-Design wird oft besonders mit der Gestaltung von digitalen Anwendungen verbunden. Doch auch Schuhe oder Türen sind gestaltet und bescheren uns Erfahrungen. Das Buch nimmt diesen allgemeinen Blick ein, immer wieder taucht man dann in konkrete Beispiele ein. Darunter sind natürlich immer wieder digitale Anwendungen, nur eben nicht nur.

Eine Reise durch Alltagserfahrungen, durch unterschiedliche Fachgebiete der Wissenschaft und anwendungsorientierte Vorgehensweisen und Methoden – so gibt es einen Einblick in alle Gestaltungsaspekte. Die Autorin stellt dazu ihr eigens entwickelts UX-Modell vor, rund um Mensch, Kontext und Design.

Ausgangspunkt der Reise ist „Experience“ – ein bisschen weg von Leuten („User“) – fokussiert auf die Erfahrung, die sie mit dem Design machen (können/müssen…).

Mithilfe von Theorie, Methoden und Anwendungen inspiriert das Buch für menschenzentrierte Gestaltung. Egal, ob es um Produkte, Dienstleistungen
 oder digitale Systeme geht.

Schon bei der Buchgestaltung merkt man, es ist einiges an Überlegung eingeflossen: Es ist dezent farbig (schwarz-weiß-mint), auf dem Cover ist das Wort User zwar vorhanden, jedoch Ton-in-Ton mit der Hintergrundfarbe, dafür als Flachrelief. Die Kapitel sind recht kurz, die Texte enthalten angenehm viel Weißraum.

Zum Verständnis sind ausreichend Fotos und Grafiken eingestreut, die ihren Zweck erfüllen und außerdem angenehm anzusehen sind. Hier und da bekommt man zusätzliche Orientierung durch kurze Texte am Rand (Marginalien).

Beim Sprachstil fällt die gekonnte Nutzung von genderneutraler Sprache auf. Es gibt sowas wie Breadcrumbs in der Kopfzeile, nice. Insgesamt sehr lesefreundlich. Die wissenschaftlichen Inhalte werden praxisnah und einfach erklärt. Auf knapp 300 Seiten bekommt man viel für sein Geld :-)

Was mir gut gefällt, ist die Darstellung der „biologischen“ Aspekte, d. h.

  • wie nehmen Menschen die Welt wahr,
  • was macht das Hirn damit,
  • wie spielt die Motorik mit hinein,
  • wie die Reaktionsfähigkeit?
  • Was von der mentalen Kapazität und den mentalen Modellen sollte man berücksichtigen?

 

Besonders hilfreich finde ich den Abschnitt über die Fragebögen: Gestaltung und Einsatz, Auswahl und Empfehlungen. Außerdem entdecke ich noch zwei kleine „Textübungen“, die ich mag: Eine zum Veranschaulichen von Aufmerksamkeitssteuerung (zwei Texte ineinander geschachtelt, die Worte des einen kursiv, die des anderen gefettet). Und die andere ist ein netter Text mit durchgeschüttelten Buchstaben, wo nur der erste und letzte Buchstabe an der richtigen Stelle steht, um zu zeigen, dass das Gehirn Worte als Ganzes erfasst (absolut anschaulich, sorry: asbulot ahauilcschnh).

Was mir fehlt? Ein Stichwortregister! (Wo war noch gleich das mit der Marble Machine?)

Zielgruppe sind alle Interessierte, Entwickler:innen, Designer:innen, Kreative …

Autorin
Beate Hartwig bewegte sich schon früh im interdisziplinären Mix aus Informatik, Psychologie und Design und machte ihre Abschlüsse in Mensch-Computer-Systemen und Kommunikationsdesign. Heute ist sie Designerin und Trainerin in den Bereichen UX-Design, Interaktionsdesign und Design Thinking und lehrt an verschiedenen Hochschulen.

Fazit: Ein reicher Erfahrungsschatz, viele Impulse und Vorschläge für tieferes Eintauchen. Vor allem für Neulinge lehrreich. Empfehlenswert!

Schön kompakt werden die Themen präsentiert., u. a.

  • Interaktion und Intuition
  • Feedback
  • Konsistenz
  • Einsatz von Fragebögen
  • Haptisches Design
  • Töne gestalten: Ping, Blobb, Swoosh…
  • 26 Methoden und 76 praktische Beispiele

Beate Hartwig: „User Experience Design. Theorie. Methoden. Anwendung.“. Design Future Publishing 2022. 49,- EUR. ISBN 978-3-00-069828-6.

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Zirkular, menschengerecht, naturbezogen: Zeit der Zukunft

Alles eine Frage der Zeit

Cover„Erst wenn man die Dimension der Zeit genauer betrachtet, versteht man auch die Stellung des Menschen in der Natur und all die Miseren, die er dort anrichtet.“

Zeitnot und Hektik, Zeit ist Geld – und alle kämpfen gegen alles Langsame. Dafür zahlt die Natur einen Preis: Die Menschen mit Erschöpfung, die Erde mit einer ökologische Krise. Was die Natur in Jahrtausenden bereitgestellt hat, wird in kürzester Zeit verbrannt.

Ein Physiker, der auch Philosophieprofessor ist, ein Zeitexperte und ein Zeitberater erklären die Zusammenhänge.

Das Buch startet mit der Geschichte unseres Umgangs mit der Zeit. Es zeigt, wie drastisch sich unser Leben mit der Verbreitung der mechanischen Uhr geändert hat und wie eng die Ökonomisierung von Zeit mit den aktuellen Krisen zusammenhängt. Es blättert eine Vielfalt an Zeitformen auf, die in der heutigen Beschleunigungsmonokultur untergehen:

  • Den Sinn für ein angemessenes Tempo,
  • den Sinn für das Langsame,
  • die stabilisierende Funktion von Wiederholungen und Ritualen oder
  • den Wert des Wartens und der Pause.

 

Die Vorschläge für eine andere Zeitkultur halte ich für klug. Ich denke, sie können tatsächlich helfen, die Zukunft konstruktiv zu gestalten. Sie sind an sich konstruktiv, gut durchdacht und zielführend. Ob sie realistisch oder realisierbar sind…? Vielleicht. Meiner Einschätzung nach eher später als früher (leider). Denn sie zu kennen ist das eine, sich selbst danach zu richten das andere. Und dann sind da ja noch die anderen, gruppendynamische Effekte, Politik, …

Der Schritt von der Theorie in die Praxis erscheint mir (zu) weit – diejenigen Personen und Institutionen und Organisationen, die am meisten ändern könnten/sollten, kann ich mir als Leserschaft hier nicht recht vorstellen.

Ohne akademisches Interesse wird man es schwer haben, das Buch zu lesen: Man muss sich schon ein bisschen konzentrieren, die Sätze sind doch mal ungewohnt formuliert und die Wörter nicht ganz alltäglich. Und die Konzepte muss man dann ja auch noch erfassen. Vielleicht sollte ich das nicht vor’m Einschlafen lesen, sondern wenn ich wacher bin…

Was ich etwas nervig finde: Manche Aussage wiederholt sich auch immer wieder: Zeit ist Geld = schlechter Umgang mit der Zeit… ja, das muss ich nicht in mehreren Kapiteln in vielen Sätzen immer wieder lesen. Das habe ich bereits beim ersten Mal verstanden ;-)

Insgesamt würde ich sagen, (zu) wenig konkrete erste Schritte für meinen Alltag und den meiner Umgebung. Daran gedacht ist sehr wohl (es geht in die Richtung: Verzicht kann Gewinn bedeuten, wir müssen eh was ändern über kurz oder lang, …).

Jedoch fällt mir in meinem persönlichen Umfeld niemand ein, der/die z. B. durch eine grobe Darstellung des Zürcher Ressourcenmodells dabei unterstützt werden kann, das eigene Verhalten signifikant zu ändern. Falls doch, bin ich dabei :-)

Fazit: Hintergründe und Lösungsideen. Fein. Stellenweise anspruchsvoll im Lesefluss. Meines Erachtens eher Philosophiebuch als praktische Orientierung. Und doch einen Blick wert.

Themen

  • Krisen der Gegenwart
  • Zeit – Uhr – Krise
  • Physik und Zeit
  • Uhrzeitfolgen
  • Zeitvielfalt
  • Nachhaltige Zeitkultur

Harald Lesch, Karlheinz A. Geißler und Jonas Geißler: „Alles eine Frage der Zeit. Warum die »Zeit ist Geld«-Logik Mensch und Natur teuer zu stehen kommt“. oekom 2021. 20,- EUR. ISBN 978-3-96238-248-3.

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Schriftstellerinnen über das Älterwerden

Wechselhafte Jahre

CoverErzählungen und Texte über Freiheit und Verlust, Freundschaften, Kämpfe und Beziehungen – ein Buch über das Leben. Vielfältig, klug, überraschend, leichtfüßig und schön zu lesen. Denn: Alle diese Frauen teilen ihre Einsichten, Erlebnisse, Weltsicht. Das ist bereichernd, denn es vergrößert meinen Horizont.

Die Schriftstellerinnen schreiben realistisch wie humorvoll über das Gute und weniger Gute, über Erwartbares und Unerwartetes, über Neuanfänge und Aufbrüche – über ihre ganz eigene „2. Lebenshälfte“. Die Autorinnen sind Jahrgang 1937 bis Jahrgang 1970. Je älter die Autorin, desto neugieriger war ich (am Ende gehen die Geburtsjahre immer weiter in die Vergangenheit, ich tauche also in immer mehr „Leben“ ein…).

Wechseljahre…

… und danach kommt allenfalls noch eine Existenz als Großmutter oder Pflegerin? So das Bild von Frauen jenseits der Fünfzig . Doch wie sieht ihr Alltag tatsächlich aus? Wie gehen sie mit Veränderungen um? Wie viel Befreiung geht mit dem Alter einher?

Das Leben von Frauen spielt sich im öffentlichen Diskurs primär in der ersten Lebenshälfte ab. Alles danach wird als unerfreuliche Lebensphase abgetan, über die man nicht spricht.

Themen der Frauenpolitik beziehen sich meist (und natürlich auch zu Recht) auf die reproduktive Phase des Frauenlebens. Angesichts der Lebenserwartung folgen einige weitere Jahrzehnte, die deutlich weniger im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung stehen.

Klimakterium, Menopause, Wechseljahre – allein die Begriffe sind so unsexy, dass man sich gar nicht damit beschäftigen mag. Und danach wird’s nicht besser. Es wird nicht besser? Moment…

Das Leben von Frauen jenseits der fünfzig ist genauso bunt wie das Leben davor – oder sogar noch bunter: Wie ist es, wenn man keine Kinder hat? Wenn die Kinder aus dem Haus sind? Gleichaltrige Männer gerade ihre Zweit- oder Drittfamilien gründen? Ist die Menopause Horror oder eine Befreiung? Was hätte man selbst gerne von älteren Frauen erfahren, als man noch jünger war? Was kann man über die Jahrzehnte feministischen Bemühens erzählen, die man überblickt?

In diesem Buch finden sich Frauen, die eine Vielzahl von Verwandlungen durchgemacht haben. Erzählend oder essayistisch, die Texte beschreiben ebenso realistisch wie humorvoll das Gute und das Nicht-so-Gute, das Erwartete und das Unerwartete, den Traum und die  Wirklichkeit.

Vieles, was gesellschaftlich geändert werden konnte, hat sich gebessert. Was jenseits der Machbarkeit liegt, ist dagegen eine Frage des Glücks. Persönliche Adaptionsstrategien werden entwickelt und präsentiert.

Man begleitet beim Lesen all diese Schriftstellerinnen, die sich mit Sprachgewalt, Fantasie, Witz und unverbrüchlicher Lebenslust diesem Thema annäherten und ihre
Reflexionen den Leserinnen und Lesern aller Generationen schenken.

Mit Beiträgen von Marlene Streeruwitz, Barbara Honigmann, Katja Oskamp, Barbara Frischmuth, Katrin Seddig, Linda Stift, Barbara Hundegger, Sabine Scholl, Marianne Gruber, Zdenka Becker, Alida Bremer, Ruth Cerha, Renate Welsh, Ulrike Draesner und Bettina Balàka. Am Ende wird ihr Werk und ihre Schaffensfreude nochmal in Kurzbiografien zusammengefasst.

Fazit: Wie ein Abend unter lebenserfahrenen Frauen.

Bettina Balàka: „Wechselhafte Jahre. Schriftstellerinnen übers Älterwerden“. leykam 2023. 24,50 EUR. ISBN 978-3-7011-8263-3.

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Wunderbare Welten zwischen Buchdeckeln: Eine Liebesgeschichte

Book Love

CoverEine introvertierte Protagonistin nimmt uns mit in ihre Welt. Für Debbie sind Bücher mehr als einfach nur gebundene Texte und Schriftstücke. Für sie sind Bücher Freunde, Lehrer, Begleiter in jeder Lebenslage. Beste Freundinnen, Mentorinnen und Erholungsorte.

So leidet sie auch jedes Mal, wenn sie ein gutes Buch zu Ende gelesen hat. Und sich von allen Figuren verabschieden muss. Wie ich das verstehe!

Und wenn sie ein anderes Mal erfährt, dass die Fortsetzung ihrer aktuellen Lieblingsbuchserie – nachdem sie den aktuellen Band fertig hat – erst  in 1 Jahr herausgegeben wird… oje, oje. Man möchte sie knuddeln und trösten.

CoverEtwas Gutes hat diese tiefe Leseliebe für Debbie natürlich auch.

Sogar jede Menge Gutes: Sie bewältigt mit Hilfe von Büchern alle möglichen Situationen; sie lernt, mit Menschen umzugehen; sie wird ruhig und zufrieden; sie lernt Fertigkeiten und Fähigkeiten (z. B. Nähen). Sie erlebt Abenteuer und reist in die schönsten Ecken der Erde. Sie lernt sich selbst besser kennen.

Debbie, die an keiner Buchhandlung vorbeigehen kann, ohne einen großen Bücherstapel mitzunehmen, erlebt Bücher auf viele Arten. Denn Bücher sind für alle Sinne da: Man kann sie riechen, sie streicheln, sogar Sport damit machen. Und manchmal kann Debbie ein Buch sogar hören, wenn es laut „Lies mich!“ ruft.

Ihre Buchempfehlungsliste ist eine Schatzkiste, die ich mir nochmal in Ruhe durchsehen werde. Diese Liste erzählt von der Bandbreite ihrer Interessen. Und von der Tiefe ihres neugierigen Geistes. Und von vielen wunderbaren Titeln.

Autorin und Illustratorin Debbie Tung nimmt uns mit auf eine Reise, bei der Bücher plötzlich zaubern und uns in andere Welten versetzen können. Denn wer ein Leseleben führt, lebt viele Leben auf einmal!

Fazit: Für Lesefans und Bücherverliebte, die Comics mögen.

Themen

  • Orte, an denen man lesen kann
  • Wo man Bücher findet
  • Wie viele Bücher man am besten im Vorrat hat
  • Wie sich Lesen und Leben unter einen Hut bringen lassen
  • Wann man lesen kann

Debbie Tung: „Book Love. Eine Liebeserklärung an das Lesen“. Ab 14 Jahren. GRAPHIX Loewe 2023. 16,- EUR (D) / 16,50 EUR (A). ISBN 978-3-7432-1080-6.

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Spuk und Mysterien: Am Ende sind Geister auch nur Menschen

Die Polidoris … und der Pakt mit der Finsternis

CoverWas für eine Geschichte!

Ich bin immer noch hin- und hergerissen: Finde ich sie faszinierend (immer wieder passiert Unvorhergesehenes) oder anstrengend (oh nein… noch eine unerwartete Wendung und neue rätselhafte Phänomene und .. das auch noch?!? .. uff)?

Der Plot und die Erzählung ist für ältere Kids und junggebliebene Erwachsene geeignet. Sogar als Abendlektüre, wenn man nicht so zart besaitet ist… denn gruselig ist es doch schon, was auch die schwarz-weiß Bilder eindrucksvoll unterfüttern. (Kann auch sein, dass ich etwas zart besaitet bin, ich hab ja schon Alpträume nach dem Anschauen von Titanic gehabt… ;-) )

Das Ambiente ist sehr stimmig, das Haus am Meer im verwilderten Garten, dessen Dach und Wände sich gegen das Verfallen wehren müssen, ist lebendig beschrieben – inklusive einiger umherwandelnder Toten ;-)

Aus dem Buch:

„Knapp hinter dem Ortsausgangsschild des kleinen Luftkurorts Tildrum thronte das Polidorium an der Spitze einer Landzunge. Groß und prunkvoll, aber auch ein wenig schief. Dahinter funkelte das grünblaue Meer. Das Gebäude stand dort einsam am Ende einer holprigen Straße, die Nachbarhäuser drängten sich einige Hundert Meter entfernt dicht zusammen, als hätten sie Angst vor ihrem düsteren Artgenossen.“

So beginnt der Roman. Und dann geht es um Mut, Freundschaft, Ungehorsam im besten Sinne und Abenteuer.

Weil ihre Eltern bei einer Tiefsee-Expedition im südlichen Atlantik verschollen sind, kommen Petronella, Pellegrino und Roberta zu ihren exzentrischen Großeltern (bei denen eine gute Tasse Tee in jeder, wirklich JEDER Lage eine gute Idee ist). Diese nehmen sie auf ins »Polidorium«, so heißt die alte Villa. Das Beerdigungsinstitut im Keller ist dort nicht das einzige Geheimnis hinter den alten Mauern.

Welche Macht haben die seltsamen Gestalten, die dort herumirren? Mausgret, Klamme Finger … und der tote Walfänger, dem das Polidorium einst gehörte? Was verbirgt sich noch zwischen den Wänden, die wandern, wie sie wollen? Als ein Gegenstand aus Kindertagen ihres Vater bei ihrer fiesen Mitschülerin auftaucht, beschließt Petronella, ihre Angst zu überwinden und den seltsamen Vorkommnissen auf den Grund zu gehen: Überwinde Deine Angst, beobachte, entscheide!

Die Urheberinnen

Zeichnung der Figur der Autorin
Anja Fislage…
…ist leider nicht in einem Spukhaus am Meer aufgewachsen, hatte aber trotzdem eine schöne Kindheit. Sie liebt Abenteuer, sitzt jedoch lieber am Schreibtisch, als in See zu stechen. Darum studierte sie zunächst Literaturwissenschaften und arbeitete dann als Lektorin in verschiedenen Verlagen. Eines Tages fiel ihr auf, dass man auch Abenteuer am Schreibtisch erleben kann, und das tut sie seitdem mit großer Freude. „Die Polidoris“ ist ihr Kinderbuch-Debüt.

Zeichnung der Figur der Illustratorin
Verena Wugeditsch…
… schreibt über sich: „Ich bin Verena, Illustratorin, Tagträumerin und Teeliebhaberin aus Österreich“. Und weiter: „In meiner Arbeit erschaffe ich gerne magische Umgebungen, oft inspiriert von der Natur, Geschichten, die ich als Kind gehört habe, oder Orten, an denen ich gewesen bin.“ Das ist ihr im Roman anschaulich gelungen.

Fazit: Geistergeschichte mit viel Familiensinn. Wahrhaft ein Kabinett voll hinreißender Figuren, origineller Un-Heimlichkeiten und atemberaubender Wendungen.

Anja Fislage und Verena Wugeditsch: „Die Polidoris … und der Pakt mit der Finsternis“. Ab 11 Jahre. Coppenrath 2023. 16,- EUR (D) / 16,50 EUR (A). ISBN 978-3-649-64430-9.

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Bau deinen eigenen Synthesizer

Experimentierkasten Sound Machine

Foto des Kartons
Foto der Sound Machine

Einen eigenen Synthesizer zu bauen und darüber mehr Verständnis für die dahinterliegende Technik zu erlangen, ist der Anspruch dieses Experimentierkastens von Kosmos („für alle, die Elektronik bis ins kleinste Detail verstehen wollen“). Die „Sound Machine“ ist für das Alter 10 bis 14 Jahren vorgesehen und kann laut Beschreibung Orgel, Klavier und sogar ein Schlagzeug simulieren.

Das Aufbauen gelingt dank der liebevollen Illustrationen sehr schnell – das schafft auch eine 10-jährige locker.
Achtung! Der Karton ist Teil des Synthesizers. Leider ist das beim Öffnen nicht so offensichtlich, so dass eine überenthusiastisches Kind evtl. den Karton beschädigen könnte. Für den Betrieb ist ein 9V-Batterieblock vorgesehen (nicht im Lieferumfang), als fachkundige Elektronikerin lässt sich aber auch ein eigenes 9V-Netzteil anschließen. Gespielt wird mit einem mitgelieferten Metallstift, mit dem man entsprechende „Tasten“ berührt oder über die Drehregler. Über das Versetzen von Jumpern und Widerständen kann man den Sound verändern, z. B. mehr Hall oder auch einen „Robotersound“.

Der Aufbau und die Grundfunktionen sind in der beiliegenden Anleitung sehr gut bebildert und beschrieben. Danach gibt es einen Bereich, der sich tiefer mit einzelnen Themen beschäftigt, z. B. wie Töne erzeugt werden oder wie die Klangfarbe entsteht.

Dem Versprechen, die Elektronik bis in kleinste Detail zu verstehen, kann ich klar widersprechen. Der letzte Teil ist dafür zu dünn beschrieben und hat mir wenig geholfen. Auch frage ich mich, ob mit den dort abgebildeten Schaltbildern eine 10-jährige überhaupt etwas anfangen kann.

Das Spielen der Sound Machine ist für ein paar Minuten – aber auch nicht länger – ganz witzig, ein Kind mag durch das Gerät länger gefesselt werden. Das Schlagzeug enttäuscht vom Sound her – es klingt mehr wie ein Knistern in der Leitung.

Fazit: Für den Preis würde ich entweder einen fertigen Mini-Synthesizer oder einen Elektronik-Experimentierkasten kaufen (gibt beides für unter 30,- EUR).

„Sound Machine“. 10 bis 14 Jahre. Kosmos 2023. 39,99 EUR. EAN 4002051620929.

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Melancholie

Bittersüß

CoverDas Buch betrachtet melancholische Charaktere: Weshalb es sich lohnt, auch Kummer und Melancholie zuzulassen.

Die Gesellschaft suggeriert uns, permanent fröhlich und glücklich sein zu müssen. Doch die vermeintlich negativen Emotionen gehören zu einem gesunden Menschsein dazu.

Das Buch ist (k)ein psychologischer Ratgeber. Es ist eine Mischung aus Recherche, (selbst erlebten) Geschichtenerzählen und Erinnerungen. Die Autorin bewertet darin ihre eigenen Erfahrungen, Erzählungen und Erlebnisse.  Das Buch macht bewusst, weshalb vermeintlich negative Gefühle wie Trauer, Melancholie, Schmerz und Leid zu einem wirklich erfüllten Leben gehören und wo sie uns helfen.

Anhand vieler Beispiele verdeutlicht die Autorin, wie das Verständnis der dunkleren Facetten unter den Gefühlen uns ermöglicht, die Übergänge des Lebens zu überstehen. Mit der ganzen Palette entdecken wir Sinn und Verbindung, genießen Liebe und Freude. Dichter, Komponisten und andere Künstler wissen das. So sind zeitlose Meisterwerke entstanden, die uns berühren.

Für mich war es nicht immer leicht, den wissenschaftlichen Stand und die individuelle Einschätzung der Autorin auseinander zu dividieren. Deswegen würde ich es nicht als nüchternes Sachbuch einstufen. Vielmehr begleitet man die Autorin auf ihrer Recherche und lernt eher beiläufig auf dieser Reise immer auch mal fundierte wissenschaftliche Ergebnisse kennen.

So lerne ich, dass bei Trauer tatsächlich die Aufmerksamkeit geschärft ist. Manches, worüber man sonst hinwegsieht, fällt in solchen emotionalen Moment ins Auge.

Musik spielt in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle, auch im Kontext von Krisenzeiten. Und Musik ist das, was weltweit intuitiv verstanden wird. Das Adagio in g-Moll, Cohens Hallelujah und noch einiges mehr. Die heilende Kraft der Musik ist beeindruckend, ein paar der Musikstücke habe ich mir mal angehört. Am Ende fühlte ich mich besser… so in etwa wie nach einem heilsamen Heulen. Ihr kennt das.

Und das geht schon den Kleinsten so:

Screenshot

Was man wissen muss: Das Buch ist aus USA-Perspektive geschrieben, die Kulturen unterscheiden sich aufgrund der Historie – das sollte man beim Lesen nicht vergessen. Krieg, Holocaust, Sklaverei, „Immer-Lächeln-Kultur“, … das sind Themen, die sich aus deutscher Sicht vielleicht etwas anders darstellen. Lauter schwierige Themen, zu denen ich hier keine einfache Einordnung geben kann und will.

Fazit: Entlastend, dass Traurigsein und Sehnsucht OK sind. Bei mir hinterlässt das Buch auch jede Menge individuelle Bewertungen.

Themen

  • Sehnsucht und Kummer
  • Kreativität und Liebe
  • Gewinnen und Verlieren
  • Vergänglichkeit
  • Schmerz
  • Heilung
  • Sinnsuche und Spiritualität
  • … im eigenen Leben unterbringen

Susan Cain: „Bittersüß. Wie Sehnsucht und Melancholie uns Halt und Kraft geben“. Knaur 2022. 20,- EUR. ISBN 978-3-426-67624-0.

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Respekt: Meine Haare sind nicht zum Anfassen da…

Wenn meine Haare sprechen könnten

CoverBraids, Bantu Knots & Co. – Haare sind für alle Menschen wichtig, sie sind Teil der Kultur und individueller Ausdruck der Persönlichkeit. Und sie gehören zu einer Person.

Der Auslöser, das Buch zu schreiben, kommt von Alltagserfahrungen vieler Kinder mit so schönen Haaren, wie Akoma im Buch sie auch hat. Die Unsitte, dass ihr fremde Leute ungefragt an den Kopf greifen, wird hier thematisiert: „Darf ich mal Deine Haare anfassen?“ hören vor allem Kinder zu oft. Die Antwort ist klar: Nö. Einfach Nö. Soviel Respekt sollte doch zu machen sein :-)

Nach der Geschichte wissen Kinder, wie sie auf solche Situationen reagieren können. Und dass sie nicht „komisch“ sind, sondern sogar sehr besonders. Im inneren Umschlagdeckel bekommt man von diesen besonderen Haaren schon mal einen Eindruck, denn dort sind grafisch nebeneinandergestellt verschiedene Frisuren zu sehen.

Das Buch richtet sich an Grundschulkinder; wache Kindergartenkinder könnten auch dabei sitzen, wenn man vorliest. Die Bilder haben mir sehr gut gefallen, z. B. zeigt sich da eine bunte Vielfalt der Kinder aus einer Klasse. So wird unsere Welt schön dargestellt, ohne „das Diverse“ künstlich aufzudrängen. Nice.

Wie die Geschichte beginnt: Die 7-jährige Akoma lebt mit ihren Eltern in einem kleinen Ort bei Hamburg. Auf Twi – einer Sprache, die man in Ghana spricht – bedeutet Akoma „Herz“. Oft sagt Akomas Vater zu ihr: „Mit deinem Akoma steht dir die Welt offen.“ Akomas großes Herz stößt allerdings an seine Grenzen, wenn ihr fremde Leute ungefragt in die Haare fassen. …

Fazit: Nice, respektvoll, zugewandt und voller gesundem Selbstbewusstsein.

Themen

  • Geschichte
  • Hintergrundinfos
    • Haare und Kultur
    • Verschiedene Styles und Frisur-Inspirationen
    • Haartypen: Glatt, gewellt, gelockt, …
    • Pflegetipps für unterschiedliche Haartypen
    • Wie man Namen findet für Kinder in Ghana
  • Atmosphärische und erläuternde Illustrationen
  • Passendes Ausmalbild online

Dayan Kodua und Nicole Gebel: „Wenn meine Haare sprechen könnten“. gratitude 2022. Für Grundschulkinder. 17,- EUR. ISBN 978-3-9820768-4-3.

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Wolken, Wüstenhitze und das Wasser aus dem See

Stürmisch unterwegs

CoverTori und ihre beiden Geschwister besuchen in den Ferien ihre Oma. Und Oma Winda ist keine gewöhnliche Oma, ganz und gar nicht!

Denn sie kann in ihrer Küche das Wetter machen! Ziemlich cool, oder? Denn sie ist nicht nur Meteorologin, sondern auch Erfinderin.

In Omas Wetterküche brodelt, blitzt und donnert es. Doch manchmal geht irgendetwas katastrophal schief. Gerade als die Geschwister ankommen, scheint mit dem letzten Wetterexperiment der alternden Dame etwas nicht zu stimmen: Das Wetter ist total außer Kontrolle. Haben die Fremden am See etwas damit zu tun? Können sie etwa auch das Wetter beeinflussen?

In dieser Notlage muss Tori das Wettermachen übernehmen, denn Oma hat einen Schlag auf den Kopf bekommen. Bisher hat sie allerdings ihrer Oma nur assistiert… Und dann sind da noch die neuen Nachbarn, was wollen die denn noch?!?

Die Autorin erzählt eine Geschichte rund ums Wetter, bei der die jungen Leserinnen und Leser nebenbei Wissenswertes zu Wetterphänomenen und zur Wetterentstehung mitbekommen. Im Buch gibt es einige (monochrome) Illustrationen, so dass die Kids auch optisch richtig gut eintauchen können.

Was mir gut gefallen hat: Dass alle Hauptfiguren Namen haben, die mit dem Wetter zu tun haben. Nicht nur Hund Schirokko.

Fazit: Fundiertes Wetterwissen mit etwas Küchenphantasie – kindgerecht erzählt

Themen

  • Wetter und Tiere
  • Umweltschutz
  • Wetter und Geschäftemachen
  • Wertevermittlung

Marikka Pfeiffer: „Tori Twister. Stürmisch unterwegs“. Ab 9 Jahren. KOSMOS 2023. 13,- EUR (D) / 14,- EUR (A). ISBN 978-3-440-17607-8.
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„Organisiertes Wasser“

Faszination Qualle

Cover Eigentlich ist es nur Wasser (fast, 99 %). Und lebt doch. So hat die Qualle auch den Spitznamen „organisiertes Wasser“ verdient.

Weitgehend unbekannt, überall unterwegs, durchsichtig und zum Teil sehr giftig gehören Quallen zu den gefährlichsten und langlebigsten sowie ältesten Wesen. Theoretisch gibt es sogar Unsterbliche unter ihnen.

Wie leben sie in den dunklen Tiefen der Weltmeere, die gerade mal zu 5 % erforscht sind? Treiben sie so schwerelos im Wasser wie Astronauten im Weltall? Leben sie ganz für sich oder organisieren sie sich in Gruppen? Und was genau sind Medusen? Was macht die Qualle im All? Und ihre Nachkommen nach der Rückkehr auf die Erde?

Die Antworten finden sich hier, schön illustriert. Das Buch bietet Wissen zu Quallen und weiteren Tieren und Naturphänomenen, sehr schön kreativ aufbereitet. Man kann es vorlesen oder verschenken, im Text wird man ständig direkt angesprochen (also nicht ich, sondern die Zielgruppe: Kids). Der Schreibstil ist einzigartig, hier mal ein Eindruck:

Die Ephyra ist eigentlich eine bereits im Meer herumtreibende „Fastschonqualle“ (die eher wie ein scheibchenförmiges UFO aussieht), sie wächst allerdings zügig zu dem Tier heran, das wir dann als Meduse kennen. Ist doch alles gar nicht sooo kompliziert, oder? Huch und fast hätte ich es vergessen: Unter Wasser darf man nicht von UFOs sprechen, dort heißen unbekannte Objekte einfach USOs (Unidentified submerged objects = unidentifizierte untergetauchte Objekte).

Neben den Fakten entdecke ich auch immer wieder lustige Exkurse, quasi Quallen-Quatsch: „Quing Quong, der … der ist eindeutig ein Quorilla, …“ und so lerne und lache ich mich durch das Buch. (Nix für Leute, die unaufmerksam durchblättern. Womöglich erzählen sie von der Quing Quong Qualle beim nächsten Kaffeekränzchen und merken’s gar nicht.)

Aus dem Anhang habe ich sofort einen Lieblingslink: Gewicht-auf-dem-Mond-Rechner.

Mit vielen Infos, Suchbildern, Mitmachaufgaben, Witzen und Wortspielerein lädt das Buch zum Staunen und Entdecken ein.

Die Illustratorin

Michèle Ganser, 1995 in Aachen geboren, Designerin und Illustratorin, studierte Kommunikationsdesign in Aachen und Mainz. Besonders faszinieren sie das Weltall, die Sterne und die unterschiedlichen Planeten. Ihre Illustrationen vereinigen auf ungewöhnliche Weise spannende Themen und erschaffen so ganz neue Welten. In der Freizeit liest sie mit Hingabe – am liebsten Science-Fiction-Romane.

Fazit: Besorgen, vorlesen, verschenken – es lohnt sich!

Themen

  • Leben und Sterben
  • Forschung
  • Verbreitung und Ausbreitung (steigend)
  • Lebensraum und Nachbarn im Biotop
  • Typisierung: „Welche Qualle passt zu mir?“
  • Namensgebung

Michael Stavarič und Michèle Ganser: „Faszination Qualle: Geheimnisvolle Schönheiten“. Leykam 2023. 26,- EUR. ISBN 978-3-7011-8243-5.

Tipp

Schon vom Vorgänger „Faszination Krake“ war ich hellauf begeistert. Der wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet: Wissenschaftsbuch des Jahres 2022, Österreichischer Kinder- und Jugendbuchpreis 2022, Kinder- und Jugendliteraturpreis der Stadt Wien 2022, White Raven 2022 und mit dem EMYS Jahrespreis 2021. Unbedingt auch lesen: Krake für Kinder und Kindgebliebene

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Mutig wie ein Huhn

Das Katzenhuhn

Cover Schon das Coverbild lädt zum Entdecken ein. Da wuselt es, überall gucke noch Bauernhoftiere um die Ecke, und auch sonst gibt es jede Menge Details. Es gibt viel zu sehen, und ein warmes Gefühl mischt sich in meine Neugier. Klappt man das Buch auf, geht es dort weiter, mit einem Luftbild vom Bauernhof. Und ganz hinten, bevor man das Buch zuklappt, ist wieder dasselbe Luftbild zu sehen. Nein… Moment… nur so ähnlich. Sehr! Schön!

Jetzt aber zur Geschichte: Zum Heldsein ist es gar nicht so weit. Und mit Umhang schon gar nicht! Der hat nämlich Superkräfte. So sieht’s aus. Timme, das Huhn, kann damit nämlich in jeder noch so verfahrenen Situation den Tieren und sogar dem Bauern helfen. Bis am Ende etwas ganz Überraschendes passiert…

Alles beginnt an einem ruhigen Tag auf dem Bauernhof. Timme entdeckt den Katzenumhang auf dem Heuboden, neugierig wirft er ihn sich über – und plötzlich ist alles anders: Er sieht schärfer, er hört besser, er kann riesige Sprünge machen. Aus Timme, den die Mäuse ärgern, wird ein selbstbewusstes Huhn, Timme ist ab jetzt das Katzenhuhn! Eines ist am Ende sicher, in jedem noch so kleinen Huhn steckt etwas Besonderes. Man muss sich nur trauen, loszuspringen!

Mit Umhang, Mut und jeder Menge guter Freunde springt das Katzenhuhn durch 8 Abenteuer. Das Buch ist voller Humor und warmherzig erzählt.

Fazit: Lehrreich, von Anfang an und besonders nochmal am Ende!

Themen

  • Freundschaft
  • Vorurteile
  • Angst
  • Zusammenhalt
  • Mut
  • Selbstbewusstsein
  • Kreativität
  • Geschäftsidee

Bernhard Hoëcker, Eva von Mühlenfels und Dominik Rupp: „Das Katzenhuhn. Zum Heldsein ist es nur ein Katzensprung – Geschichten über tierische Freunde.“ Vorlesegeschichten in idealer Vorleselänge (ca. 10 Minuten). Ab 5 Jahren. Thienemann-Esslinger 2022. 13,- EUR. ISBN 978-3-480-23798-2.

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Wo soll es nur geräuscheln gehen?

Was macht Püüüp?

CoverAlles beginnt im Garten, draußen am Wasserhahn. Das kleine Püüüp möchte herausfinden, wohin es gehört. Es ist ein Geräusch, wie es bald schon weiß. Und naja, so einfach ist dieses Herausfinden gar nicht. Denn: Was in aller Welt macht schon „PÜÜÜP“?!?

Knarz, ratter, plopp … das kann man recht schnell erraten. Ein Tropfen, der ins Wasser fällt, ist unser kleines Geräusch sicher nicht – denn das macht PLOPP.

Viele andere Möglichkeiten begegnen Püüüp nach und nach noch auf seiner Reise. Das kleine Geräusch bleibt hartnäckig und sucht immer weiter, auch wenn es mal den Mut verliert, denn irgendwohin muss Püüüp doch gehören … Am Ende gelingt es Püüüp tatsächlich, an seinem ganz eigenen Platz zu geräuscheln. Es findet, wohin es gehört. *seufz* Happy End.

Sehr sehr süß, lustig und anrührend, außerdem lehrreich. Toll finde ich, dass jedes Geräusch als eigenes Wesen gezeichnet ist. So wie die Töne, die keine Geräusche sind. Mein Learning: Manchmal gibt es sogar ganze Familien wie Ta, Tü, Ta und Taaa :-)

Fazit: Lesen! Vorlesen! Zusammen mit den Kleinen erleben!

Themen

  • Geräusche
  • Laute
  • Töne
  • Hinhören

Kreativteam

Bernhard Hoëcker kennen ja Viele (aus Funk & Fernsehen und von anderen Publikationen), daher kommt vermutlich auch der wissenschaftliche fundierte Hintergrund, den die Geschichte eindeutig hat. Nikolai Renger hat sich die knallbunten Bilder ausgedacht und gezeichnet. Eva von Mühlenfels „wuchs in der romantischen Quadratestadt Mannheim auf, wo sie nach der Schule Anglistik studierte. Ihre akademische Reise begann im Barockschloss und endete in Zentralalaska, wo sie zwischen Bären und Elchen in einer Blockhütte im Wald wohnte. Entsprechend geradlinig ging es nach ihrem Studium schnurstracks nach Köln zum Fernsehen. Dort werkelte sie als Producerin an verschiedenen … Formaten, die unter anderem mit dem Comedy- und Grimmepreis ausgezeichnet wurden. Um auch außerhalb der besten Sendezeit wunderschöne Comedy zu erleben, machte sie eine Fernsehpause und gründete eine Familie. Ihre gesammelten Erfahrungen aus Sprachwissenschaft, Eiseskälte, Geschichtenerzählen und dem Abkratzen von getrockneten Haferflocken stopfte sie in einen Sack, schüttelte ihn, warf ihn gegen die Wand und herunterfiel das erste Kinderbuch. Und manchmal, wenn es bitterkalt ist, und die Kinder schon schlafen, heult sie noch heute den Mond an. Haouuuu!
Bernhard Hoëcker, Eva von Mühlenfels und Nikolai Renger: „Was macht Püüüp? Knarz, ratter, plopp … püüüp – eine Bilderbuchgeschichte“. Ab 3 Jahren. Thienemann-Esslinger 2021. 14,- EUR. ISBN 978-3-480-23669-5.

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The Myceeeeelium! … im Film

Fantastische Pilze

Cover Das Mycelium! Unendliche Weiten… nöödödö… Möglichkeiten! Öhem… OK, auf Deutsch heißt es Mycel. Egal.

Fakten: Es gibt rund 6x mehr Arten unter den Pilzen als Arten im Reich der Pflanzen. Der Pilz ist der älteste Organismus, der als Fossil je gefunden wurde. Pilze waren die ersten an Land, wo sie – wortwörtlich – den Boden bereiteten. Sie sind praktisch unsterblich, so lange sie Nahrung finden. Sie sind näher mit den Menschen verwandt als mit Pflanzen. Wow.

Unter unseren Füßen befindet sich eine Welt, die alles Lebende miteinander verbindet: Als gigantisches unterirdisches System bilden Pilze die Grundlage des Bodens, des Waldes, und damit die Grundlage jeder Existenz. Unter jedem Schritt im Wald 500 km Pilz.

Und nicht nur dort. Sie sind in der Luft, die wir atmen (Sporen), leben in Symbiose mit Pflanzen und Tieren. Und in uns. Und das ist – meistens – gut so.

Mit Hilfe ausgefuchster Kameratechnik porträtiert die Doku einen faszinierenden Teil der Natur: Ein natürliches Netzwesen, das vor Millionen von Jahren seinen Anfang nahm und auch die Zukunft unseres Planeten nachhaltig beeinflussen kann. Die Dokumentation reist mit mir in ein unterirdisches Universum. Aus Sicht von Forschenden werden Sein, Intelligenz und Lösungen gezeigt, die uns das Reich der Pilze als Antwort auf wichtige medizinische, therapeutische und ökologische Herausforderungen bietet.

Am intensivsten verfolgt der Film den Selfmade-Mykologen Paul Stamets, der die Wissenschaft durch seine unvoreingenommene Sicht aufmerksam macht auf Aspekte, bei denen sich Forschungsfragen lohnen.

Man erfährt ein bisschen was über mögliche neue praktische Einsatzfelder und viel über das Thema Bewusstseins(ver)änderung. Da hätte ich mir weniger Meinung gewünscht und mehr von den handfesten, praktischen Lösungen, die schon funktionieren. (Ich für mich habe die „esoterischen“ Stellen „rausgerechnet“.) Unterm Strich bleibt es dennoch eine gut gemachte Doku. Mehr wünsche ich mir über die Gemeinsamkeiten von Pilznetzwerken und KI und weitere Einsichten – vielleicht gibt es mal einen 2. Teil.

Spannend ist das Experiment in Kanada, 1000 Bäume groß. Daraus resultieren u. a. Bio-Insektizide, die sehr gezielt Ameisen, Mücken, Moskitos und – bald… – Bettwanzen bekämpfen können. Das ist doch mal was!

Auch das Thema Pilze & Medizin finde ich überaus interessant. Sie produzieren Chemikalien (Enzyme), die z. B. Bakterien töten können. Oder Pilzstoffe, die Abwehrmechanismen im Körper unterstützen können. Sie können dafür sorgen, dass im Gehirn Nervenzellen nachwachsen, ein Thema, das die Hoffnung beim Kampf gegen Demenz nährt, Stichwort: Neurogenese. Sobald das gut erforscht ist, möchte ich das natürlich auch haben und später schlau bleiben :-)

Die Themen Schamanismus und Konsum für Bewusstseinsveränderung betrachte ich vorsichtig. Hier ist mir ein gutes Forschungsfundament besonders wichtig. Da ist die Brisanz hoch. Wenn die Möglichkeiten sich als ungefährlich und mit entsprechenden Heilungschancen herausstellen, würde ich das natürlich begrüßen. Von daher ist es sicher gut, wenn es (wieder) Forschungsgelder für den Einsatz von Psychedelika gibt. Macht Euch selbst ein Bild, ich bleibe vorsichtig…

ScreenshotAls Fenster zu einem tiefergehenden Naturverständnis und der Verflechtung alles Lebendigen informiert der Film mit beeindruckenden Bildern und überraschenden Fakten über das Potenzial von Pilzen.

Dabei entsteht eine neue und ungewöhnliche Perspektive. Eine These: Die Welt der Pilze als Vorbild, ein Kosmos im Kosmos aus Verbindung, Inspiration und Hoffnung. Wirklich schön anzusehen, einige erstaunliche Einsichten nehme ich mit.

Im Bonusmaterial gibt es weitere Gespräche und Statements. Im Booklet erfährt man ein paar weitere Hintergrundinfos – z. B. über das Buch zum Pilz.

Der Film

FSK ab 12 Jahren. Warum?!? Keine Ahnung, ich denke, es bräuchte keine Altersbeschränkung. Nur die Aussagen zu Drogen bzw. Bewusstseinsveränderung durch Pilzkonsum sollte man vielleicht besser gemeinsam ansehen und kleineren Kids erklären.

Fazit: Hat der Mykologe Recht? Keine Ahnung, vermutlich oft bis meistens. Stecken da vielversprechende Forschungsfragen drin? Auf jeden Fall!

Themen: Was Pilze so alles können…

  • Boden bereiten
  • Am Leben bleiben
  • Heilen
  • Bewusstsein erweitern
  • Planet retten

„Fantastische Pilze. Die magische Welt zu unseren Füßen“. Originaltitel: „Fantastic Fungi“. Deutsch, Englisch. FSK ab 12. polyband Medien GmbH 2022. DVD 11,36 EUR / Blue-ray 14,99x EUR. 81 Min + 62 Min Bonus.

Mehr Infos und weiterführende Websites

FantasticFungi.com, hier kann man herausfinden, welcher Pilz man ist… Außerdem gibt es im Shop Pilze, Pilzprodukte usw. Bunt und unterhaltsam. Keine Wissenschaftswebsite! Nichtsdestotrotz werden auf informative Weise verschiedene Pilze vorgestellt – im Menü Learn / Fungi Field Guide klicken.

Pilze als Material: Als Verpackung werden sie schon eingesetzt, hier nachzulesen https://duj-design.de/blog/nacchaltige-verpackungen-aus-mycelium

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Weltkultur von Hund und Mensch

Gefährte Hund

CoverEinblicke in verschiedene Mensch-Hund-Beziehungen auf der ganzen Welt, festgehalten mit Fotos von ganz nah dran, begleitet von wissenschaftlichen Erkenntnissen und erzählt in Geschichten.

Im Verlauf der Evolution entwickelten sich Hunde und Menschen gemeinsam und lernten, miteinander zu kommunizieren. Heute hat der Mensch zum Hund eine tiefe emotionale Beziehung entwickelt. Diese Verbindung hat Tierfotografin Debra Bardowicks auf ihren Reisen weltweit und in unterschiedlichen Kulturen gesucht, gefunden und festgehalten. Als Leserin erlebe ich mit, wie Mensch und Hund als perfektes Team zusammenfinden.

Hintergrundinfos zur Historie von Mensch und Hund sowie zu den jeweiligen Geschichten bringt Wissenschaftsjournalistin Katharina Jakob mit.

Autorinnen

Tiere sind seit ihrer Kindheit die Leidenschaft von Debra Bardowicks. Sie studierte Biologie und wissenschaftliche Fotografie in England und Finnland. Als Tierfotografin bereiste sie über 40 Länder auf allen Kontinenten der Erde.

Katharina Jakob ist Wissenschaftsjournalistin und Buchautorin. In ihrem letzten Buch „Warum Wale Fremdsprachen können“ beschäftigte sie sich mit tierischer Intelligenz und ergründete, wie Tiere denken und fühlen.

Fazit: Entspannte Lektüre ohne rührseligen Touch, dafür mit unbewertetem Blick und Beobachten

Themen

  • Jagdhunde aus Nicaragua
  • Hütehunde von den Shetlands
  • Streuner in Thailands Tempeln
  • Fischende Wasserhunde aus Portugal
  • Bärenjäger aus Japan
  • Alte Rasse, nackte Haut
  • Hunde mit Jobs
  • Wildentschlossene Knirpse aus den Highlands
  • Heimatsuchende aus Costa Rica
  • Berghunde aus dem Atlas

Debra Bardowicks und Katharina Jakob: „Gefährte Hund. Faszinierende Einblicke in die Mensch-Hund-Beziehung aus der ganzen Welt“. Gräfe & Unzer 2022. 25,- EUR (D) / 25,90 EUR (A). ISBN 978-3-8338-7560-1.

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Alltagstauglich klimafreundlich leben

101 Antworten für deinen nachhaltigen Alltag

CoverWas wenn ein Alltag im Sinne von Klima- und Umweltschutz mehr Kreativität ermöglichen, neue Erfahrungen, bessere Gesundheit, mehr Muße erlauben würde? Vielleicht sogar ein Gefühl von Kontrolle über das eigene Leben stärken, also mehr Selbstbestimmtheit? Und ich damit unterm Strich zufriedener werde? Klar, das nehm ich!

Und lese dieses Buch… gedruckt auf Apfelpapier – überzeugt mich, dass das alles sehr ernst gemeint ist.

Antworten auf alltägliche Fragen zu finden, ist oft gar nicht so einfach. Für eine ausführliche Recherche fehlt die Zeit. Diese Mühe nimmt uns die Autorin mit ihrem Buch ab. Sie nimmt 12 Bereiche des täglichen Lebens genauer unter die Lupe und liefert sorgfältig recherchierte Fakten, praktische Tipps und eigene Erfahrungsberichte rund ums Thema „Nachhaltiger leben“. Dabei bleiben die Tipps recht pragmatisch, was mir besonders gefallen hat.

Besonders positiv aufgefallen sind mir die Ernährungstipps, mit einer Liste an Nahrungsmitteln pro Tag mit Angabe von Portionsgrößen, die zu nachhaltigem Leben passen. Grob beantwortet ist hier auch die Frage, wieviel Fleisch und Milchprodukte vertretbar sind. Für alle interessant, die nicht vegan leben, aber eine Orientierungshilfe suchen.  Hilfreich ist für mich sogar die Auflistung nachhaltiger Modemarken in der Schweiz (u. a. Mammut, Patagonia, Vaude). Da finde ich mich bestätigt darin, langlebige Outdoorklamotten zu bevorzugen :-)

Außerdem bekomme ich hier die Antwort auf die Frage: Wie hoch stelle ich die Heizung ein? Richtwerte für den Alltag & Tipp für eine längere Abwesenheit.

Schließlich weiß ich jetzt, wie ich Backofen vs. Herd (vs. Wasserkocher) einschätzen kann -welches Gerät verwende ich wofür?

Damit man weiß, worüber man spricht, ergänzt der Anhang die Alltagsthemen durch Begriffserklärungen: Gut verstanden habe ich jetzt den CO2-Fußabdruck (wie man Methan und anderes umrechnet) und andere einschlägige Begriffe.

Man findet jede Menge Links und Verweise auf Anlaufstellen, Infoseiten und nachhaltige Shops. Die Website zum Buch bietet eine umfangreiche Sammlung von Infos, d. h. insbesondere eine lange Linkliste, sortiert nach Themen. Es gibt u. a. App-Tipps, Infos zu Labeln, Tipps für Dinge aus dem Unverpacktladen jenseits von Müsli und Nudeln. Wer nachhaltig reisen möchte, erfährt etwas über Buchungsportale wie greenpearls.com oder ecohotels.com. Empfohlen ist auch fairunterwegs.org. Dazu gibt es Buchtipps.

Im Buch selbst findet man die Website leider nur als QR-Code, nicht als URL verzeichnet. Unnötig umständlich.

Wichtig zu wissen: Das Buch ist aus Schweizer Sicht geschrieben, was bei einigen Punkten einen Unterschied macht, man muss für Deutschland und Österreich dann selbst nochmal nach-recherchieren. Der Aufwand hält sich in Grenzen, denn um was es geht, steht ja da. Kleine Übersetzungshilfe meinerseits: Velo = Fahrrad (den Rest schlagt Ihr selbst nach).

Abgerundet werden die Alltagsthemen durch Tipps gegen den inneren Schweinehund – wie halte ich mich motiviert? Danke dafür!

Das Buch wirkt überhaupt nicht belehrend, sondern spricht alle Neugierigen an, die gerne mehr über die Aspekte eines umwelt- und klimafreundlicheren Lebens erfahren wollen.

Eins der Learnings: Begriff und Konzept „Capsule Wardrobe“, die Anleitung hab ich dann online recherchiert. Hier www.vivabini.de/mode/aufbau-capsule-wardrobe-fuenf-schritte oder hier www.natuerlichnele.de/blog/capsulewardrobe gibt es Vorschläge dazu, wie man den Kleiderschrank minimalisiert.

Fazit: Pragmatisches Nachschlagewerk mit alltagstauglichen Tipps, basierend auf Fakten. Aus Schweizer Sicht.

Themen

  • Ernährung & Lebensmittel
  • Wohnen & Haushalt
  • Küche
  • Bad
  • Mobilität
  • Mode
  • Psychologie (die Sache mit dem Schweinehund und andere Hürden)

Sabina Galbiati: „101 Antworten für deinen nachhaltigen Alltag“. AS Verlag 2022. 34,- EUR (D) / 32,80 CHF (CH). ISBN 978-3-03913-046-7.

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